Jaguar und Land Rover (JLR) fahren auf der Überholspur
Seit dem Wirtschaftskrisenjahr 2009 hat sich der Umsatz von JLR verdreifacht
Jaguar und Land Rover sind mehr denn je auf Erfolgskurs. 2016 war ihr siebtes aufeinander folgendes Jahr mit Umsatzwachstum, und sie gehören zu den profitabelsten Autoherstellern der Welt. Im vergangenen Jahr konnte JLR den Fahrzeugabsatz um ein Fünftel auf 583 313 verkaufte Autos steigern.
Vor zehn Jahren hatte Ford keine Geduld mehr mit Jaguar und Land Rover: Die Verluste, die allerdings durch die Modellpolitik weitgehend hausgemacht waren, wollten die Amerikaner nicht mehr schultern und suchten einen Käufer für beide Marken. Der fand sich mit dem indischen Unternehmen Tata, das nun nicht gerade als Automobilhersteller Aufsehen erregte. So hatten selbst Wirtschaftsexperten 2007 einige Skepsis, dass so traditionelle Marken mit Premium-Anspruch und der große indische Gemischtwarenkonzern zusammenpassen könnten. Eine wichtige Frage war: Werden sich die Inder maßgeblich einmischen und den Markenauftritt der beiden Briten verwässern?
Nichts dergleichen, lässt sich zehn Jahre nach dem Eigentümer-Wechsel konstatieren. Im Gegenteil: Bei Tata ist man hoch zufrieden und hält die Füße still. Und es ist wohl auch beruhigend, dass JLR weltweite Erfolge erzielen konnte. Absatzstärkste Region war Europa mit einem Zuwachs von 26 Prozent auf knapp 140 000 Neufahrzeuge. In Nordamerika konnte ein Plus von 25 Prozent eingefahren werden. Und in China – hier gab es 2015 einen allgemeinen Rückgang im Automobilgeschäft – ist bereits wieder ein Zugewinn von 31 Prozent registriert worden.
Schauen wir nach Deutschland: Mit einer Steigerungsrate von 74,7 Prozent gegenüber 2015 war Jaguar im vergangenen Jahr der prozentual größte Gewinner auf dem deutschen Pkw-Markt und zählte 8713 Neuzulassungen. Land Rover legte um 21,4 Prozent zu. Mit 22 799 Pkw-Neuzulassungen haben sich die Verkäufe der Marke seit 2010 nahezu vervierfacht. Außerdem wurden 3084 Defender verkauft, die in der Statistik als leichte Nutzfahrzeuge geführt werden. Sehr zufrieden mit der Entwicklung zeigt sich natürlich auch Peter Modelhart, Deutschland-Chef des Unternehmens, der sich über eine immer breitere Palette chicer und innovativer Fahrzeuge und beste Verarbeitungsqualität freuen kann. Einen Einbruch des Geschäfts durch den bevorstehenden Brexit sieht er eher nicht und begründet das mit weltweiten Produktionsstandorten und dem im Wert gefallenen britischen Pfund.
Auch in der Chefetage von JLR denkt man, dass der Absatz noch weiter gesteigert werden kann. Trotzdem wird die Entscheidung der Briten, aus der Europäischen Union auszutreten, ganz sicher auch Sorgen bereiten. Im Heimatland von JLR gibt es acht Produktionsstandorte, und JLR ist der größte Autobauer auf der Insel. Sollte der Brexit auch dazu führen, dass der Zugang zum Europäischen Binnenmarkt wegfällt, können sich durchaus schwerwiegende Folgen ergeben. Neue Zölle und Vorschriften könnten das Geschäft erschweren und die Gewinne einbrechen lassen. Zudem werden bei JLR auch Mitarbeiter aus dem Ausland beschäftigt, die jetzt um ihre Aufenthaltsgenehmigung fürchten müssen. An neue ausländische Mitarbeiter ist nach einem Brexit wohl nicht mehr zu denken.
Dennoch: In Pessimismus verfallen, ist nicht. An den Plänen der Briten jedenfalls hat sich nichts geändert. Bestehende Modelle – insbesondere die Baureihen F-Pace, XE und XF –werden in punkto Effizienz, Komfort und Sicherheit aufgefrischt. Neue kommen hinzu und ziehen schon als Concept-Cars die Aufmerksamkeit von Kunden und Wettbewerbern auf sich. Und bei JLR hat man ehrgeizige Ziele: Vor allem durch die Auflage ganz neuer Modellreihen will man den Absatz in den kommenden fünf Jahren sogar verdoppeln.
Aktuell umfasst die Palette von Jaguar zehn Modellreihen, Land Rover steuert fünf Modellreihen bei. Und schon im Frühjahr geht es mit der Modelloffensive weiter. Dann wird der neue Land Rover Discovery sieben Sitzplätzen in drei Reihen auf den Markt kommen. Er verkörpert das ideale Zugfahrzeug für alle möglichen Anhänger, da er bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen darf. Gegenwärtig zeigt JLR auf dem noch bis zum 19. März geöffneten Genfer Automobilsalon eine ganz neue Baureihe – den „Range Rover Velar“, ein Midsize-SUV, das die Lücke zwischen Range Rover Evoque und Range Rover Sport schließen soll. Der Allradler Velar kommt im Spätsommer zu Preisen ab 56 400 Euro auf den Markt.
Im kommenden Jahr wird dann auch der erste rein elektrisch fahrende Jaguar anrollen. Gegenwärtig wird das Fahrzeug noch als Studie „I-Pace Concept“ präsentiert. Nach Angaben von Jaguar soll das serienreife Fahrzeug aber mit der Studie nahezu identisch sein. Seine beiden Elektromotoren sind jeweils an der Vorder- und an der Hinterachse installiert und stellen eine Leistung von 294 kW/400 PS bereit. Eine 90 kWh starke Lithium-Ionen-Batterie sorgt dafür, dass das Fahrzeug rund 500 Kilometer rein elektrisch fahren kann. In nur vier Sekunden soll der Allradler mit seinen 700 Newtonmetern Drehmoment aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen.
Eva-Maria Becker
Fotos: JLR
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